Lía Bliss - geboren circa 10/2021 – 10 kg – 48 cm
In den Tierheimen Spaniens leben unzählige ausgesetzte und abgeschobene Podencos unter schwierigsten Verhältnissen. Viele von ihnen warten dort schon über Jahre, unsichtbar in der Masse, unbeachtet und von keinem gewollt, einfach nur lästig und unbrauchbar geworden. Dabei sind die Gründe für die Missachtung vielfältig: Da gibt es die alten, die kranken, die ängstlichen, aber auch diejenigen, die nicht aufgrund von ausgeprägter Schönheit im Rampenlicht stehen.
In meinen Briefen erzähle ich Ihnen die Geschichten dieser Hunde. Ich beschreibe ihre jeweilige Einzigartigkeit, geprägt von dem tief in mir verwurzelten Wunsch, dass jeder einzelne seine Chance bekommt und dass keiner unsichtbar in der Masse verloren geht. Ich kämpfe immer wieder aufs Neue und gebe nicht auf, für jeden den Menschen zu finden, der ihre Anmut und Feinheit durch einen Blick in ihre traurige Seele erkennt.
Lía ist eine dieser Unsichtbaren. Eine zarte Podenca Xarnego, mit einer Schulterhöhe von gerade einmal 48 cm und einem Fliegengewicht von 10 kg. Sie ist bildschön. Ihr seidiges Fell leuchtet goldbraun im Sonnenlicht. Und doch gehörte sie zu den „Unsichtbaren“, zu den beiseite geschafften und vergessenen. Denn Lìa hat durch die Gewalt ihres Jägers das Vertrauen in die Menschen verloren. Es dauerte 3 Monate, bis man sie mit einer Lebendfalle sichern konnte. An ihrem Halsband hing noch ein Karabinerhaken und ein Stück Kette. Ihr Jäger hatte sich offenbar nicht einmal die Mühe gemacht, ihr die Kette abzunehmen, bevor er sie in der Einsamkeit der Berge aussetzte.
Lía wurde nach ihrer Sicherung in die Zwinger der alten Zementfabrik gebracht, einer Außenstelle des Shelters in Canals. Die zarte Hündin bebte vor Angst. Die ersten Videos, die mich aus der trostlosen Zwingeranlage erreichten, zerrissen mir das Herz. Geduckt und vor Angst bebend hockte die zarte Hündin in der hinteren Ecke des dunklen Gemäuers. Die Todesangst, hervorgerufen durch die bloße Gegenwart der Menschen, war deutlich in ihren kleinen, weit aufgerissenen Augen zu erkennen.
Ich fragte mich, welche Gewalt man dieser kleinen Hündin angetan haben musste? Was hatte sie erlebt? Womit hatte der Mensch dieses kleine Wesen gebrochen?
Mir war klar, dass Lía an diesem Ort ihre Ängste niemals verlieren würde, da der einzige Kontakt, den sie zu den Menschen hatte, der Arbeiter war, der lieblos ihren betonierten Käfig mit einem Wasserstrahl säuberte. Die restliche Zeit fristete Lía ihr Dasein allein in ihrer trostlosen Gefangenschaft. Was konnte ich also tun? Wie konnte ich ihr helfen?
Lía brauchte einen Menschen, der ihr mit Geduld, aber vor allem mit Sachverstand begegnen konnte, jemand der sich der großen Verantwortung bewusst wäre, die eine Adoption eines Angsthundes mit sich bringen würde.
Nach tagelanger Überlegung stellte ich Lía auf meiner Vermittlungsseite in den sozialen Medien vor. Ich hoffte inständig, dass sich jemand finden würde, der sich die Adoption eines so ängstlichen Hundes zutrauen würde, vielleicht sogar jemanden, der eine entsprechende Ausbildung hatte. Aber obgleich der Beitrag fast 500-mal geteilt wurde, meldete sich niemand.
Sollte ich Lía nun ihrem Schicksal überlassen? Wie traurig und einsam musste sie sich fühlen. Unschuldig eingesperrt auf winzigen 2,5 m². Sie würde niemals erfahren, wie es sich anfühlt, umsorgt und geliebt zu werden, niemals die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihrem Fell spüren oder das Gefühl von frischem Gras unter ihren Pfoten erleben. Sie war jung und hatte doch ihr ganzes Leben noch vor sich. Die bloße Vorstellung, dass diese kleine Hündin ihr Dasein weiterhin in ihrem erbärmlichen Betonkerker fristen sollte, war für mich nicht zu ertragen. Der Gedanke, ihr helfen zu müssen, trieb mich um. Hatte sie nicht auch das Recht auf ein glückliches und erfülltes Leben? Darauf gab es für mich nur eine Antwort. Doch wie genau konnte ich ihr helfen? Ich wusste, dass sie auch als Podencolita nur eine geringe Aussicht auf ein baldiges Zuhause haben würde. Aber je mehr Menschen sich für sie einsetzen würden, desto größer wäre ihre Chance auf ein besseres Leben.
Liebe Freundinnen und Freunde der Podencolitos, gemeinsam haben wir in den letzten Jahren oft das scheinbar Unmögliche möglich gemacht. Zusammen, da bin ich mir sicher, werden wir auch für Lía ihren neuen und geborgenen Platz auf dieser Welt finden. Unsere Gemeinschaft hat die Kraft und das Potential, den durchgreifenden Unterschied zu machen. Jeder Schritt, den wir unternehmen, bringt uns näher an unser Ziel, ihr ein besseres Leben zu ermöglichen. Gemeinsam schaffen wir es!!
Ich habe Lía am 11. Oktober aus der alten Zementfabrik herausholen und in die Pension Rural Can bringen lassen, wo sie Aufmerksamkeit und Fürsorge und zweimal pro Woche eine Trainingseinheit erhält, welche sie lehrt, mit ihren Ängsten umzugehen. Aber der Weg in eine angstfreie Welt führt nicht nur über Trainingsstunden mit ihr unbekannten Menschen. Die Angst kann Lía letztendlich nur dann nachhaltig ablegen, wenn sie Vertrauen und Zuspruch durch sie liebende Menschen erfährt.
Vielleicht gibt es jemanden unter uns, der sein Herz für Lía öffnen und sie adoptieren möchte. Vielleicht möchte jemand eine Patenschaft für Lía übernehmen, um ihren Aufenthalt in der Pension finanziell zu unterstützen.
Jede Idee der Hilfe ist willkommen und wichtig.
Lia wird es uns danken, da bin ich sicher!